Promotionsprojekt

 

«Farbkörper. Eine narratologische Analyse heikler Stellen im höfischen Roman» (Arbeitstitel)

Erstbetreuerin: Prof. Dr. Sarina Tschachtli; Universität Basel

 

Mittelalterliche Texte erzählen von und sie erzählen mit Farben. Damit sind weniger die ‘verbalen Pigmente’ oder ‘colores rhetorici’ gemeint – wie Cicero die Ausschmückung der erzählten Rede nennt –, sondern die intra- sowie intertextuellen Farbprogramme mittelalterlicher Erzählwelten. Im Speziellen setzt sich das hier skizzierte Dissertationsprojekt mit Momenten auseinander, in denen Farbe aktiv wird, in denen sie sich ändert, intensiviert und verliert. So ergiebig das Thema in der (mediävistischen) Literaturwissenschaft bisweilen erforscht worden ist, so diskussionsbedürftig bleiben dieFarben als hermeneutisches Problem. Der springende Punkt liegt in ihrer gleichzeitigen Unter- sowie Überdeterminiertheit und der damit zusammenhängenden Eigenschaft, potentiell bedeutungslos zu sein und gleichzeitig alles bedeuten zu können.

Das Projekt versucht, dieses Problem für ihre Textlektüren produktiv zu machen. So lautet die Forschungsfrage derweil nicht, was Farben bedeuten, sondern wie die Farben im Text semiotische Prozesse unterstützen, diese erzeugen und unterlaufen. Das Untersuchungskorpus, an dem diese Frage zu entwickeln ist, bilden Texte der höfischen Epik; darunter Wolframs von Eschenbach Parzival. Besonders heikle Stellen – so die Arbeitsthese – finden sich dabei wiederholt auf den (weiblichen) Körpern im Text: Jeschutes Augen etwa sollen sich röten und ihr feuerroter Mund verblassen, wie es in einer intrikaten Passage im Parzival heisst. Die methodische Idee ist, Strukturanalysen auf der Makroebene der Texte mit Close Readings auf der Mikroebene zu verknüpfen. Zumindest punktuell soll sich der Blick dabei auch aus den Texten hinaus auf ihre Zeit richten, in der vielleicht nicht ganz zufällig Referenzsysteme am Entstehen sind, welche die Bedeutung von Farben zu fixieren suchen: das liturgische Kirchenjahr; das grammatische System der Heraldik oder die etwas späteren, allegorischen Traktate zu den Minnefarben – den Farbkomplexen der Liebe.